Elster-Saale-Aue von Leipzig nach Merseburg

Tourbericht vom 04.09.2005 ELSTER SAALE AUE von Leipzig nach Merseburg

Von einen großen Dichter (dessen Name mir leider entfallen ist) stammt im ungefähren Wortsinn folgendes Zitat: „Ich bereiste unter großen Mühen entfernte Länder, durchlief zahlreiche Wüsten und tiefe Wälder, bestieg hohe Berge und durch fuhr endlose Meere, aber sah dabei nicht die Schönheit des Tautropfens im Gras vor meiner Haustür!“ Mich erstaunt es immer wieder, wenn man auf Leute trifft die sich zwar bestens auf den Flaniermeilen von Mallorca auskennen, aber dafür kaum in der näheren Umgebung ihres Heimatortes.

Zu einen kleinen Erkundungstrip trafen wir uns deshalb am 04.09. um von Leipzig durch die ELSTER SAALE AUE nach Merseburg und wieder zurück zu radeln. Diese Tour zählt für mich mit zu den schönsten, die man im Raum Leipzig unternehmen kann, da die Streckenführung fast ausschließlich auf separaten Wegen verläuft und somit dem Naturerleben genügend Platz lässt.

Nach kurzen Begrüßungshallo im Schützenhof an der Hans-Driesch-Str. ging es dann auch sogleich hinein in den Leipziger Auenwald, welcher sich in einen 3-5 km breiten Band dem Lauf von Luppe und Weißer Elster folgend gen Nordwesten schlängelt.

Auf dem Weg nach Böhlitz-Ehrenberg durchquerten wir das NSG Burgaue. Schon im 17. Jahrhundert erkannte die Leipziger Bürgerschaft den schützenswerten Charakter dieses Gebietes und da die Messestadt (anders als heute) damals noch sehr wohlhabend war, konnte man es sich leisten Geld in den Kauf solcher Flächen zu investieren. Heute kann man hier bis zu 300 Jahre alte Eichen bewundern und an Totholzstämmen wurden von Naturforschern ca. 150 Käferarten nachgewiesen.

In Böhlitz-Ehrenberg führte uns die Tour über das rekultivierte Gelände des ehemaligen Waldbads und dann weiter durch den Auenwald zur Domholzschänke. Da von dieser nach einen Großbrand nicht mehr viel übrig geblieben ist, (und auch ein Neuaufbau noch auf sich warten lässt) nahmen wir Kurs auf die Ortschaft Kleinliebenau. Dem im Ort befindlichen Landgasthof (obwohl mit schönen Freisitz und Voliere sehr empfehlenswert) ließen wir kurzerhand links liegen, da unsere Rucksäcke noch gut gefüllt waren. Diese leerten wir dann bei einer Pause am Autobahnsee Kleinliebenau und erhielten ganz nebenbei noch Einblicke in das bierseelige deutsche Camperleben.

Nach Unterquerung der A 9 befanden wir uns dann schon in Sachsen-Anhalt und hinter Horburg radelten wir auf einen schmalen aber sehr schönen Weg entlang der windungsreichen Alten Luppe zum Schloss Dölkau. In Vorwendezeiten konnte man, dem Flusslauf folgend, durch den Schlosspark fahren aber da Eigentum bekanntlich verpflichtet, sperrten die neuen Besitzer den Zugang. So blieb uns nichts anderes übrig, als einen kleinen Umweg rings um den idyllisch gelegenen Schlossteich zu nehmen. Über das Kopfsteinpflaster der Dorfstraße rumpelten wir dann wieder zur Alten Luppe.

Deren Lauf nach Westen folgend erreichten wir nach einigen Kilometern bei Wallendorf das Südufer des Raßnitzer Sees. Dieser See ( 3,1 Quadratkilometer) bildet zusammen mit dem Wallendorfer See ( 3,4 Quadratkilometer) die beiden schon vollständig gefluteten Restlöcher des ehemaligen Tagebaus Merseburg Ost. Eine geologische Besonderheit dieser Förderstätte war das Vorkommen von sogenannter Salzkohle welche einen Natriumchloridgehalt von

3-6% aufwies. Trotz dieser schlechten Kohlequalität (aber wegen der günstigen Abraumverhältnisse) wurde der Tagebau 1971 aufgeschlossen und bis 1990 insgesamt 116 Mill. Tonnen Braunkohle daraus gefördert. Die Wende setzte schließlich diesen umweltpolitischen Wahnsinn ein Ende und die Grube wurde 1991 als eine der ersten in Mitteldeutschland still gelegt. Hauptziel der nun folgenden Sanierung war eine schnellstmögliche Flutung zum Schutz der Aue vor weiterer Austrocknung und zur Vermeidung des Salzaufstiegs. Mit der Einleitung von Flusswasser aus der Weißen Elster wurden die geplanten Endpegelstände schließlich Mitte 2003 erreicht.

 

Heute befindet sich in diesen Gebiet ein künstlich aufgeschütteter Hügel von dem man einen sehr guten Blick über die beiden Seen und das Stadtpanorama von Merseburg hat. Nach einer kurzen Pause auf dieser Erhebung fuhren wir zur Meuschauer Schleuse und über eine der Saalebrücken in die alte Bischof- und Residenzstadt.

Der Bau des Merseburger Doms wurde schon im 11. Jahrhundert begonnen, aber sein Langhaus z. B. war erst 1517 fertig. Nun begab es sich, dass in der Amtszeit des Bischofs Thilo von Trotha (1443-1514) diesen ein wertvoller goldener Siegelring abhanden kam. Er verdächtigte seinen Kammerdiener, der schließlich trotz lautstarker Unschuldsbeteuerungen hingerichtet wurde. Kurze Zeit später fanden Handwerker bei Reparaturarbeiten den Siegelring in einen Rabennest. Da Wiedergutmachung am Gehängten nicht mehr möglich, traf der Bischof die Entscheidung ersatzweise einen dieser schwarzgefiederten Gesellen in Haft zu nehmen – fortan zu besichtigen in einen Käfig auf dem Schlosshof. So hätte es auch bis in die Neuzeit bleiben können, wenn nicht, ja wenn nicht ein Tierarzt dem armen Raben psychische Probleme ob der andauernden Einzelhaft bescheinigt hätte. Das führte zu einen Aufstand aller anständigen Tierschützer, die nun vehement die Freilassung der geschundenen Kreatur forderten. Andererseits empörte das aber nun die Merseburger Bürger welche darin den Verlust ihres städtischen Wahrzeichens sahen. Nach langen Hin und Her entschied man sich schließlich für den Anbau einer größeren Voliere am bestehenden Steinkäfig und damit Korax (so heißt der Rabe) sich in Zukunft nicht mehr alleine die Federn ausrupfen muß, wird er noch einen Artgenossen zur Gesellschaft haben. Sie sehen selbst, es lohnt sich wirklich nach Merseburg zu kommen!

Bei der Besichtigung von Schloß und Dom meldete sich indessen bei uns der Hunger. Mit Appetit auf eine zünftige Mahlzeit fuhren wir ein paar Kilometer auf dem ELSTER SAALE AUE Saaleradweg Richtung Halle und trudelten schließlich in der Gaststätte „Bootshaus“ ein, von deren Terrasse man einen guten Blick über den Fluss hat.

Nach erfolgter Stärkung schwangen wir uns wieder auf unsere Drahtesel und verließen in Schkopau den Saaleradweg, um uns nun Richtung Heimat zu wenden. Unweit der Einmündung von der Weißen Elster in die Saale fuhren wir in der Nähe von Kollenbey auf den Deichweg der Weißen Elster und konnten so die Landschaft von erhabener Perspektive genießen. Im Zuge des Hochwasserschutzes wurde dieser Weg auf einer Länge von 11 km bis zur Landesgrenze nach Sachsen durchgängig asphaltiert, was natürlich für Biker äußerst anziehend wirkt. Etwas Aufpassen muss man lediglich beim Umfahren der Poller an den Straßenschnittpunkten, da diese sehr eng gestellt sind. Mit Unterquerung der A 9 bei Wehlitz befanden wir uns dann wieder auf sächsischen Hoheitsgebiet. Hier ist die Aue noch in einen sehr naturnahen Zustand, wenngleich das auch nur wenige Relikte von einstiger Pracht sind.

Durch die Verlegung der Luppe (1936-38) in einen mittlerweile tief eingeschnittenen Kanal wurden mehr als 30 km windungsreicher Flussläufe buchstäblich trocken gelegt und der Grundwasserspiegel der Aue um 2 m abgesenkt. Damit verbunden war auch ein deutlicher Rückgang der Artenvielfalt in Fauna und Flora. So existiert z. B. von den einstmals über 270 Vogelarten heute nur noch ein gutes Drittel! Seit 1998 konnten einige Abschnitte der alten Gewässer erfolgreich reaktiviert werden, wobei aber Hochwasserschutz auf der einen und finanzielle Machbarkeit auf der anderen Seite solchen Vorhaben oftmals enge Grenzen setzen.

Dem Radweg auf dem Luppedeich folgend hatten wir nun den Auensee erreicht. Hier legten wir eine kurze Rast ein und schlürften einen Pausentee beim örtlichen Bootsverleih. Das war aber noch nicht der große Zieleinlauf, denn bis zum Startpunkt unserer Tour am Schützenhof waren es noch ein paar Kilometer. Da aber nicht alle im gleichen Stadtteil wohnen, splitteten wir uns dann auf dem Weg dorthin nach und nach auf, so dass jeder den Restteil der Strecke bis zur Haustür individuell bestimmen konnte.

 

Technische Daten:

  • Länge: 68 km
  • Teilnehmer: 6 (4x weibl./ 2x männl.)
  • Wetter: 22 Grad, sonnig, kaum Wind
  • Wikipedia: Elster Saale Aue

 

 

 

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